Szeneviertel Äußere Neustadt

Amüsieren. Genießen. Erleben.

Mehr als nur ein Straßenzug – die „Gö“

Morgens um sieben Uhr ist es eigentlich viel zu früh, um in den Tag zu starten. Doch die mittelprächtige Laune steigt, als das generalüberholte Café Continental beim Schlendern durch die Neustadt zum Frühstück einlädt. Darfs ein überbackener Schafskäse zum Frühstück sein? Oder doch lieber Fisch aus Skandinavien? Während man sich vor lauter Internationalität und berühmten Kaffee-Spezialitäten auf der Karte kaum entscheiden kann, beenden am Nachbartisch Kumpels eine durchzechte Nacht beim Plausch über das Erlebte mit einem Gute-Nacht-Kaffee. Weit scheinen die Jungs nicht gekommen zu sein. Kaum vorstellbar, wie man auf so einem kleinen Stück – schätzungsweise 50 Meter - eine ganze Nacht verbringen kann.

Die Uhren scheinen auf der Görlitzer Straße schneller zu laufen als anderswo. Kaum hat man sich in einem der kleinen Biergärten oder auf der Terrasse gemütlich gemacht und begonnen, an einer Geschichte zu schreiben, wird man in ein Gespräch verwickelt. Zu Erzählen gibt es hier viel. Man kennt und schätzt sich. Und teilt miteinander. Als die ersten Zeilen zu Papier gebracht sind, lenken die Mittagsangebote wieder ab. Kein Wunder. Das Auge springt von einem beworbenen kulinarischen Genuss zum Nächsten. Die Beschreibung „klein, aber oho“ trifft auf die ersten 50 Meter der Görlitzer Straße tatsächlich bestens zu. Eine hohe Dichte an vielfältigen Lokalitäten vereint hier Erlebnis, Kunst, Kultur und Genuss auf ganz besondere Art. 

Der Name „Panino – der Baguette-Spezialist“ verrät schon etwas über das Lokal, das seit über sechs Jahren für seine Belegkunst bekannt ist und mehr als 30 leckere Kreationen im Angebot hat. Wem lieber nach einem Burger gelüstet, der muss sein Auge nur ein paar Meter weiter schweifen lassen. Und doch sind Klassiker in der „Kantine No. 2“ nicht alles. Stattdessen verfeinern Bacon und Halloumi den Burger. Schnell etwas auf die Hand gibt es neben klassischen Speisen auch in der "Kochbox“. Zu moderaten Preisen stehen neben der klassischen Currywurst auch Salate und Desserts auf der Karte. Süße Nachspeisen sind das Stichwort. Ein leckerer Kakao da. Eine vielversprechende Erfrischung dort. Schließlich noch ein Eis für zwischendurch. Und es ist schon wieder 15 Uhr. Die Zeit rennt und beim netten Gespräch mit dem Tischnachbarn gerät der Anlass des Besuchs der „Gö“ ins Hintertreffen.

Vielleicht zieht man mit der neuen Bekanntschaft gleich in die nächste Lokalität um, etwa in die „Studiobar"? Warme Farben und eine dezente Beleuchtung vermitteln eine klassische Lounge-Atmosphäre. Über 200 Cocktails warten darauf, probiert zu werden. Während eine erlesene Zigarrenauswahl zum Rauchen einlädt, empfängt das „Café am Görlitzer Platz 1“ seine Gäste eine Etage weiter unten mit einem schicken Nichtraucherbereich, perfekt temperierten Weinen und frischen Speisen.

Der Wein mundet, die Laune steigt. Zeit für etwas Spannendes - Zeit fürs "Queens". Hier wird deutlich, dass die Görlitzer Straße tatsächlich ein breites Programm bietet. Eine der wandelbarsten Lokalitäten im Dresdner Nachtleben ist als älteste Szenebar für Schwule bekannt – doch auch als frisch verliebtes Pärchen kann man hier unvergessliche Momente erleben.

Zuviel des Guten? Nur ein paar Schritte weiter bietet das „Zille“ den kompletten Kontrast zur abenteuerlichen Welt als eine echte Hommage an die Goldenen Zwanziger. Hier regiert noch die edle Seidentapete und das Jugendstilsofa aus Großmutters Zeiten. Die Welt der 30er Jahre präsentiert ein Abbild der Zeit des Dresdner Malers Zille. Musikalische Überraschungen mit Melodien der Dreißiger- bis Fünfzigerjahre gehören ebenso wie das umfangreiche Getränkeangebot und der handgefilterte Kaffee zum „Zille“. Das junge Glück kann hier den Abend Revue passieren lassen. Um sich ein paar Minuten später zu überlegen, dass es wohl doch nichts wird.

Auf der Görlitzer Straße ist aber auch das kein Grund, um Mitternacht schon nach Hause zu gehen. Schließlich lernt man aufgrund der schmalen Räumlichkeiten im „Lebowski“ fast schon problemlos neue Leute kennen. In Dudes Bar sind Freunde des White Russian genau richtig, denn hier wird dem Cocktail besondere Beachtung geschenkt. Nicht fehlen darf natürlich auch die Darbietung des Kultfilms „The Big Lebowski“ – und zwar in Endlosschleife. Die Filmmusik regt zum Tanzen an. Zur Not auch allein. Wieder solo unterwegs, geht es klangvoll auf der anderen Straßenseite im Blue Note zu. Seit 1997 begeistert der Jazzclub mit seiner musikalischen Spannweite von Swing über Bebop bis hin zu Fusion. Rock&Roll, Funk und Soul lassen besonders am Wochenende viele Menschen den heranbrechenden Tag vergessen. Apropos: Es ist vier Uhr in der Nacht. Und auf der „Gö“ wird  noch lange nicht Schluss gemacht...

Feiern ist keine Sünde!

Ja, es gibt ein Kneipenviertel in Dresden. Die Stadt mag für ihr Nachtleben vielleicht nicht so berühmt sein wie andere Metropolen, aber das hat seine Gründe und gewiss auch Vorteile. Nur wenige bringen die barocke Elbresidenz mit einem ausschweifenden Partyleben in Verbindung; umso größer ist die Überraschung für all jene, die sich auf die „andere“ Elbseite jenseits des Albertplatzes wagen. Hier beginnt sie: Die Äußere Neustadt, Kneipenmeile und Zentrum des Dresdner Nachtlebens. Eine Mischung aus Wohnraum, Gewerbe und Gastronomie in Verbindung mit viel alternativer Nischen-Kultur kennzeichnet nicht nur die Gö, sondern auch die beiden anderen Neustädter Hauptachsen Alaun- und Louisenstraße und deren kleinere Querverbindungen.

Ein Einfallstor in die Szene ist zum Beispiel die "Scheune" – ein Haus an der Kreuzung Katharinen-/Alaunstraße, das Alteingesessenen wie Neu-Dresdnern ein Begriff ist. Oben Kulturzentrum mit großer Konzertbühne, unten Café, Kneipe, Bar und Restaurant. Vor allem die original indische Küche ist seit Jahren der Renner. Eine Straße weiter befindet sich die "Planwirtschaft". Das Konzept passt gut ins Viertel: Wohnlich und familiär geht es hier zu, ein Grund für den Erfolg des Lokals.
Eine renommierte Adresse ist auch das "Backstage": Im alten Werk der Pfunds Molkerei entstand ein für Dresden einmaliges Projekt, das man gesehen haben muss. Die Gästezimmer des Hotelbereichs verströmen durch ihr handgefertigtes Inventar ein einzigartiges Flair; das Res­taurant mit Bar ist von morgens bis abends für jedermann geöffnet.

Ein wandelbares Phänomen ist auch Lloyds Café & Bar an der Ecke Böhmische Straße/Martin-Luther-Platz. Morgends ab acht Uhr (am Wochenende ab neun) wartet hier eine umfangreiche Frühstückskarte, nachmittags gibt es Kuchen und hausgemachtes Eis, abends geht es mit leichten Gerichten zur Sache und abends verwandelt sich das Lokal in eine stylische Cocktailbar.

Die Nacht ist lang, das trifft sich gut, denn Kneipen gibt es auf jeder Straße eine Menge zu entdecken. Schon deswegen ist eine Stärkung zwischendurch nie verkehrt. Neben vielen Restaurants prägt Fast Food verschiedener Nationen das Straßenbild, aber auch Einheimisches wird neu entdeckt. "Curry & Co" ist die erste Currywurstbar in Dresden. Hier gibt es hausgemachte Saucen, dazu leckere Fritten in M- oder L-Größe und natürlich Wurst, um die sich hier alles dreht. Gegensätze vereinen sich in "Devils Kitchen". Da werden nicht nur die Fast Food-Klassiker wie Hot Dogs oder Chicken Wings angeboten, sondern vor allem Burger.
Bei einer Kneipentour ohne festes Ziel sollte man auf alle Fälle einmal im "Side Door" vorbeischauen, hier gibt es nicht selten Live Musik, oder im "Madness" – hier lässt man lange Arbeitstage gern bei einem Cocktail ausklingen.

Die Görlitzer Straße - kurz "Gö" - macht ja schon vor, wie man 24 Stunden auf wenig Fläche verbringen kann - vorausgesetzt, man bleibt so lange wach...

Ausgewählte Themen
Klänge, Töne, Melodien an der Elbe
Termine und Informationen für den Sommer 2016 auf einem Blick!
Die "Dresden eDition" ist erschienen