Der Dresdner Stadtteil Hellerau gilt als die erste deutsche Gartenstadt. Ihr Grundstein wurde nur fünf Jahre später als der von Letchworth nahe London gelegt, der ersten Gartenstadt weltweit. Gartenstädte wurden als neues Konzept Ende des 19. Jahrhunderts entworfen, um den Wohnstandard, das große Opfer der Industriellen Revolution, wieder zu verbessern. Der Londoner Howard entwarf die ersten Pläne für Städte, die einen Dreiklang aus Arbeit, Wohnen und Kultur bildeten. Sie sollten die Nachteile der Großstädte durch viel Begrünung und Auflockerung in der Bebauung ausgleichen um dabei zugleich die Vorteile von nahen Kultureinrichtungen und kurzen Arbeitswegen zu erhalten. Als „ Au am Heller“ wurde das jetzige Hellerau nach dem Vorbild fortschrittlicher englischer Arbeiterwohnsiedlungen des späten 19. Jahrhunderts entworfen und gebaut. Die Initiative für den Bau lieferte der Möbelfabrikant und Unternehmer Karl Schmidt, welcher die ersten Überlegungen eines Gartenstadtkonzeptes in Deutschland ins Gespräch brachte. Mit seinen 1889 in Laubegast gegründeten „ Dresdner Werkstätten für Handwerkskunst“ (heute: „Deutsche Werkstätten“) zog er zu Beginn der Realisierung der Gartenstadt nach Hellerau.
Mit Ausbruch des ersten Weltkrieges brach die Entwicklung des Stadtteils ab und erst Anfang der 30er Jahre wurde der unvollendete Markt fertig gestellt. Im Jahre 1937 wurden noch einige weitere Wohnhäuser der Anlage hinzugefügt, die als Gesamtkunstwerk unter Denkmalschutz steht. 1950 wurde der Stadtteil offiziell nach Dresden eingemeindet. Erst in den 90er Jahren wurde der Stadtteil um einige Ein- und Mehrfamilienhäuser erweitert und steht heute wieder im Mittelpunkt der Interessen als alternativer städtebaulicher Entwurf. Hellerau hat heute etwa 6.000 Einwohner.
„Hellerau leuchtet“: Die „Deutschen Werkstätten“ sind für die erste industrielle Möbelfertigung Deutschlands bekannt, außerdem bekamen ihre Erzeugnisse mehrere Auszeichnungen bei den großen Weltausstellungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Inneneinbauten des Sächsischen Landtages, der Neuen Synagoge und der Elbe-Raddampfer stammen ebenfalls aus Hellerau. Die Werkstätten stehen heute für hochwertige Möbel und Luxusartikel, wie beispielsweise exklusive Humidore für Zigarren.
Im Jahre 1911 kam eine weitere bedeutende Einrichtung hinzu: Das Festspielhaus Hellerau wurde nach dem Entwurf von Heinrich Tessenow errichtet und gilt als Vorläufer des Bauhaus-Stils. In den 20er Jahren wurde hier innerhalb des Konzepts rhythmisch-musikalischer Erziehung der Ausdruckstanz entwickelt, mit dem die Namen Gret Palucca und Mary Wigman verbunden sind. Seit einigen Jahren beherbergt es das „ Europäische Zentrum der Künste Hellerau“ und ein Tanztheater, außerdem finden regelmäßig Kultur-Festivals statt.
Kulinarische Empfehlungen: Die ansässige Gastronomie steht den künstlerischen Darbietungen in nichts nach. Wen es beim Entdecken des Stadtteils nach Stärkung verlangt, dem sei der Besuch von Schmidts Restaurant nahe gelegt. Ein Besuch lohnt sich für Feinschmecker wie Architekturliebhaber gleichermaßen und fügt sich perfekt in eine Hellerau-Tour.